Newsletter-Sonderedition: Bonus-Szene „Das verwinterte Herz", Teil 2/2

Ihr Lieben, heute folgt nun Teil 2 der Bonus-Szene mit Miłosz und Germaine, die wieder milde Spoiler fürs Ende von "Das verwinterte Herz" enthält. Ihr wollt lieber erst das Buch mit der Hauptstory lesen? Das Print findet ihr hier und das eBook hier. Viel Spaß beim Lesen von Teil 2/2 der Szene!
Content Notes:
- sexuelle Anspielungen und Küssen
- Umarmung von hinten (mit Consent)
- Gestank und verschimmeltes Essen
- Morden nach Auftrag (kurze Erwähnung)
- Verfolgung und Polizeigewalt an Magiebegabten (kurze Erwähnung)
- Waffen (kurze Erwähnung)
Du hast Teil 1/2 verpasst oder nicht mehr alles im Kopf?
Hier findest du die erste Hälfte - viel Spaß beim (Wieder-)Lesen!
Die Kommode neben der Tür mit – ah! mit einem Krug Wasser. Die hatte sie eben noch völlig übersehen. Sie zeigte mit dem Finger darauf.
Miłosz nickte.
„Also leite ich das Wasser auch einfach in eine Energiebahn und –“
„Nun, Flüssigkeiten sind leider schwieriger als feste Dinge oder Gase.“
„Wieso das?“
Er zuckte die Schultern. „Keine Ahnung, ist einfach so. Gesetz der Magie.“
„Und wie leite ich das Wasser dann um?“
„Je kürzer der Weg, desto geringer die Gefahr, dass Wasser danebengeht.“ Er stand auf, nahm den Wasserkrug und stellte ihn direkt neben dem Käse ab. „Das Wasser benötigt einen Behälter, wie einen Strohhalm. Sonst wirst du den Großteil davon sinnlos verschütten, als schöpftest du Wasser zum Trinken mit bloßen Händen.“
Germaine verschränkte die Arme und stöhnte. „Das wird ja immer komplizierter. Und dabei will ich nur einen schimmligen Käse wieder essbar machen.“
Miłosz näherte sich ihr in seinem charakteristischen Gang, der an einen Panther erinnerte. Er blieb vor ihr stehen und strich sanft über ihren Oberarm. „He, das bekommst du schon hin. Essen wieder heile zaubern ist definitiv nicht die leichteste Übung. Deswegen besorgen sich viele Magier*innen einfach Neues. Das heißt, wenn es nicht gerade zu gefährlich ist, weil draußen die Maréchaussée mitsamt Gewehren herumstolziert.“
„Dafür hast du ja mich, schon vergessen?“
Er warf ihr einen Blick zu, aus dem so viel Wärme und Zuneigung strömten, dass Germaines Herz ein paar Takte schneller schlug, und ging zwei Schritte auf sie zu. Sie nahm seine Hände in ihre, beugte sich vor und küsste ihn auf den Mund. Er legte beide Arme um sie und küsste zurück. Obwohl das Zimmer noch von der Nachmittagshitze stickig war, schlich Gänsehaut über Germaines Körper. Zwischen zwei Küssen löste er sich von ihr und murmelte „Ich freu mich schon auf später“. Sie schlug ihm spielerisch auf den Oberarm. „Lenk nicht ab, du Charmebolzen. Also: Wie leite ich Wasser in Bahnen?“
„Zielstrebig wie immer.“ Er beugte sich vor, drückte ihr einen kleinen Kuss auf die Wange und ließ sie dann los. „Was sagst du dazu, dass wir die vorigen Schritte zuerst ausprobieren? Dann zeige ich dir den letzten, um unser Abendessen … äh, wiederzubeleben.“
„Klingt eklig.“
„Schimmel ist auch ein Lebewesen und der weiße soll ja an der Rinde bleiben, oder nicht?“
„Ihr Magier*innen und eure verqueren Sichtweisen.“ Sie wandte sich dem Käse zu und überlegte laut. „Erst einmal weg mit dem Schimmel, an … diese Stelle der Wand, die ich gut säubern kann.“ Sie bewegte die Hände, wie der junge Magier es ihr beigebracht hatte, und nach ein paar Versuchen wanderten die Schimmelsporen durch die Luft und blieben tatsächlich an der Wandstelle kleben, die sie ausgesucht hatte.
„Dann weg mit dem Gestank, irgendwo draußen auf die Straße hin.“
Sie versuchte es mit denselben, langsam schiebenden Handbewegungen in der Luft, doch Miłosz schüttelte den Kopf. „Wenn es ein Gas ist, musst du schneller sein als bei Schimmel.“
Germaine passte ihre Handbewegungen an, murmelte einen Wegstoß-Spruch und ein kleiner Windstoß trug den Gestank nach Schweißfüßen durch die Fensterritzen hinaus. Durch die geschlossenen Scheiben hörten sie einen lauten Fluch und das Knallen von Fensterläden, die vehement geschlossen wurden. Germaine sah zu Miłosz hinüber, unsicher, was sie daraus machen sollte. Der zuckte wieder die Schultern. „Was soll ich sagen, es hat seine Gründe, dass wir Magier*innen nicht die beliebtesten sind.“
„Sehr pragmatisch“, sagte sie und schmunzelte in seine Richtung.
„Was bleibt mir anderes übrig.“ Seine Stimme trug diesen Schwall Düsterkeit mit, die sie manchmal an ihm bemerkte. „Gut, nächster Schritt.“
„Die Frische aus den Blumen. Soll ich einen Verwesungsspruch aufsagen?“
„Um Himmels Willen, nein! Du willst den Käse nicht noch verdorbener machen.“
„Hm. Was dann?“
„Ein Austrocknungsspruch würde reichen, und dann leitest du die Frische der Blumen einfach in Richtung Käse. Frische ist nichts anders als Feuchtigkeit aus etwas Festem, das sich mit angenehmem Geruch vermischt hat.“
Sie nickte, murmelte den Austrocknungsspruch und leitete mit den Händen die Frische zum Käse, der sich in Sekundenschnelle ein paar Zentimeter aufrichtete und praller aussah. Ein Blick auf die Blumen zeigte, dass diese nun so verschrumpelt waren, als ob sie bereits eine Woche in der Vase gestanden hätten.
Sie nickte zufrieden in Richtung des Käses. „Und nun, das große Finale. Ähm, zeigst du … zeigst du mir, wie … ?“
Er lief zu ihr hinüber und stellte sich hinter sie, um seine Arme links und rechts vor ihren Körper zu strecken. Wegen der unerwarteten Nähe und Wärme seines Körpers zog etwas in Germaines Lendengegend. Sein Körper war genauso warm wie ihrer, aber trotzdem ließ er ihr Herz höherschlagen. Sie wandte ihm halb ihr Gesicht zu und murmelte: „Das machst du doch mit Absicht, du Schlitzohr!“
„Wie ich schon sagte, ich freue mich sehr auf heute Abend … nach dem Essen.“
Miłosz legte sein Kinn auf ihre Schulter und murmelte ihr ins Ohr: „Leg deine Arme auf meine, damit ich dich anleiten kann.“ Sie schluckte und tat wie geheißen, ignorierte das stärker werdende Ziehen zwischen ihren Beinen und ihr Herz, das noch immer heftig schlug.
„Sehr gut.“ Seine Stimme klang so sanft an ihrem Ohr wie ein Windhauch, der durch blühende Wiesen strich. Vielleicht liebte sie das am meisten an ihm – seine Sanftheit und wie furchtlos er diese zeigte. „Jetzt musst du die Energiebahnen sichtbar machen, damit du nach einer greifen kannst. Diese Bahn biegst du vom Wasserkrug hin zum Käse und legst einen Umhüllungszauber darum.“
„Wie ein Strohhalm für das Wasser.“ Ihre Stimme klang weit entfernt, als sei sie in Trance.
„Ganz genau. Siehst du die Energiebahnen?“
Sie blinzelte mehrfach, ließ den Blick durchs Zimmer schweifen. Auf den ersten Blick sah sie das Bett, die Kommode, den Tisch, den Stuhl. Die Tür, das kleine Fenster zur Straße, die Deckenbalken des Fachwerkhauses, die hölzernen, schiefen Dielen. „Ich fürchte nicht, ich …“ Miłosz drückte sich so eng an sie, dass sie die Muskeln an seiner Brust direkt an ihren Rückenmuskeln spürte. Und sein Glied genau zwischen ihren Pobacken. Immerhin war es gerade weich, das machte es etwas leichter, sich noch aufs Zaubern zu konzentrieren.
„Bist du sicher?“, flüsterte er wieder an ihrem Ohr und umschlang ihre Taille, erst mit einem Arm, dann mit dem anderen. Germaine fühlte sich geborgen. Normalerweise hasste sie es, von hinten umarmt zu werden, aber Miłosz strahlte solch eine Ruhe und Sicherheit aus, dass sie ihn gern gewähren ließ. Ruhe und Sicherheit, ein kleines Nest auf der Reise weiter in die nächste Stadt, ein wenig Luftholen, bevor es weiterging mit den Aufträgen, die beide hatten …
Sie richtete ihren Blick erneut aufs Zimmer. Zunächst hielt sie es für einen Spinnweben, der sich von den Holzbalken der Decke gelöst hatte und in der Luft hin- und herschwebte. Doch dann tauchten immer mehr dieser halb durchsichtigen Fäden auf, kreuz und quer und über- und untereinander, aber keine Bahn berührte die andere, auch wenn sich ein paar ziemlich nahe kamen. Einige gingen in Richtung der Fensterritze, ein paar zur Tür und eine Bahn zeigte zur Decke.
„Sie sehen aus wie Spinnweben“, sagte sie.
„Interessant. Ich hätte gedacht, für dich sähen sie aus wie Blutbahnen.“
Germaine wandte wieder halb den Kopf. „Wie sehen sie für dich aus?“
Er lachte leise. „Das verrate ich dir, wenn du das Wasser umleiten kannst. Greif nach einer passenden Bahn und leite sie vom Wasserkrug zum Käse.“
Sie griff einen der weißlichen Fäden und bog ihn behutsam, sodass er in den Wasserkrug führte. Das andere Ende bewegte sie langsam mit den Händen zum Käse. „Fertig. Aber …“ Sie runzelte die Stirn. „Warum fließt es nicht?“
Miłosz ließ sie los und lief um sie herum, bis er ihr gegenüberstand. „Woher soll das Wasser wissen, wohin es fließen soll?“
„Ein Bewegungsspruch vielleicht?“
Er hob den Zeigefinger. „Aber bitte einer für Flüssigkeiten.“
„Es gibt unterschiedliche für Gase und feste Dinge?“
„Was denkst du, warum ich zehn Jahre Magie studiert habe, bis ich halbwegs etwas Gutes hinbekommen habe?“
„Wie gut, dass ich so gern von dir lerne“, entgegnete sie und schnitt eine Grimasse, die er mit einem Auflachen erwiderte. „Also schön, bring mir den Spruch bei, damit wir endlich essen können.“
„Er ist nicht ganz einfach, das übernehme besser ich.“ Der Magier stellte sich ein paar Meter vom Wasserkrug entfernt hin („Wasser ist ähnlich unberechenbar wie Feuer“, gab er zu) und murmelte mehrfach denselben Spruch, bis sich die Flüssigkeit endlich aus dem Krug in Bewegung setzte. „Wir sollten dieses Wasser austauschen, es ist so träge, dass es bestimmt nicht mehr frisch ist.“ Er zog mit seinen Händen an der Energiebahn und das Wasser folgte zögerlich wie eine Jungfrau, die einem hübschen Jüngling in sein Schlafgemach hinterherschlich. Schließlich wurde der Camembert noch praller und glänzte leicht, als sei er eben erst gekauft worden.
Germaine trat näher heran und schnüffelte daran. „Wiesenkräuter und fette Kuheuter. Passt.“
„Sehr gut. Hast du schon Hunger?“
Sie nickte. „Aber eine Bitte hätte ich.“
Er hielt inne. „Wir müssen heute Abend nicht –“
„Das meinte ich nicht. Lass uns das Baguette bitte ohne Magie schneiden. Ich glaube, ich habe für heute genug.“
„Natürlich, meine süße Rosendorne. Mit Messern kennst du dich weit besser aus als ich.“
Germaine verdrehte die Augen, doch ein Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie den Käse schnitt. Sie freute sich schon auf ‚nach dem Essen‘.
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