Mein Selfpublishing-Projekt - Folge 3: Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück ist nicht Cha-Cha, sondern anstrengender als gedacht
Alles neu macht der Mai – herzlich willkommen zu Folge 3 des Newsletters! Ihr habt schon völlig vergessen, dass es diesen Newsletter gibt? Ich nicht – das schlechte Gewissen machte sich zwischendurch bemerkbar. Aber wenn man seine Brötchen 4 Tage/Woche verdient, an einer Kurzgeschichten-Ausschreibung teilnimmt, einen Auftrag als Sensitivity Readerin bekommt und sich dann noch ums Selfpublishing kümmert, kommt leider etwas zu kurz.
Aber da bin ich wieder! Beim Titel wird wohl der*die ein oder andere an den Tanz in den Mai gedacht haben. Ein leichtfüßiges Unterfangen war mein Lektorat bisher jedoch nicht – im Gegenteil. Dachte ich, dass die Lektoratsrunden für meine Kurzgeschichten schon aufwendig waren, so hatte ich doch die Arbeitsleistung für meine Erzählung unterschätzt. Und ich bin erst bei Runde 1 von 2! Daher der etwas zynische Titel.
Warum erzähle ich euch vom Lektorat und nicht von der Coverdesignerin, wie am Ende des letzten Newsletters angedeutet? Nun, weil ich den Eindruck hatte, dass noch etwas fehlt. Und, dass jede*r unterschiedliche Erfahrungen im Lektorat sammelt, angefangen beim Inhaltslektorat. Daher möchte ich euch gern von meinen erzählen! Inhaltslektorat?, mögt ihr euch jetzt fragen. Was ist das überhaupt?
Im Normalfall durchläuft ein Text mehrere Stadien, bevor er druckreif wird: Inhaltslektorat – Stillektorat – Korrektorat – Buchsatz – Druckfahnen lesen – Satz. Professionelle Lektor*innen bieten immer zwei Runden an (mindestens) – einmal das Inhaltslektorat, wo genau auf Punkte wie Spannungsaufbau, Erzähltempo, Weltenbau, Charakterentwicklung, Dialoge, Schlüssigkeit/Logikfehler geschaut wird (z.B. wenn Figuren plötzlich die Augenfarbe wechseln).
Und das Stillektorat, wo…äh, nun ja, so weit bin ich noch nicht. Aber in der Theorie wird hier nochmal auf grammatikalische Fehler, schiefe Formulierungen etc. im Text geschaut. Und das aufgegriffen, was sich seit dem Inhaltslektorat geändert hat. Wenn die Lektorin ihren Job gut macht, ist das ziemlich viel. Meine Lektorin Xenia riet mir unter anderem dazu, das Ende umzuschreiben – dabei war ich darauf besonders stolz gewesen! (So viel sei schon einmal verraten: es war und ist kein klassisches Happyend.)
Der zweite wichtige Punkt, wo Xenia nach dem eigentlichen Inhaltslektorat nochmals eingriff, war die Charakterentwicklung meiner Protagonistin Lavinia. Im Gegensatz zu der von Luca sah die nämlich auch nach meiner Bearbeitung des Inhaltslektorats noch mau aus. Warum? Weil Lavinia im Gegensatz zu Luca nicht von einer existierenden Person inspiriert ist. Dadurch ist sie mir näher – und dann auch wieder nicht, denn die Rohfassung stammt aus 2008. Seitdem habe ich insbesondere in meinem Frauenbild eine starke Entwicklung durchgemacht. Dem entsprechend musste auch Lavinias Charakter angepasst werden.
Gar nicht so einfach wie gedacht, einen so alten Text zu modernisieren, ohne den Romance-Aspekt außer Acht zu lassen. Denn wenn schon Romance, dann bitte mit einer eigenständigen, lebensnahen Protagonistin, die sich danebenbenehmen darf und trotzdem von ihrem Love Interest nicht fallen gelassen, sondern unterstützt wird. Da fliegen auch mal die Fetzen – so wie in der zweiten Szene, die ich auf Xenias Anraten hin umgeschrieben habe.
Ich bin ehrlich zu euch: Eigentlich wollte ich mich an meinen Zeitplan halten und auch diese unvorhergesehenen Extraszenen noch vorm Urlaub Anfang April fertig kriegen. Nur war ich irgendwann in einem ungesunden Hamsterrad aus "Shit, du musst deinen Sensitivity Reading-Auftrag noch fertig kriegen" und "wenn sich mein Zeitplan nach hinten verschiebt, veröffentliche ich irgendwann doch im Juli 2023 und kein Mensch wird mein Buch dann kaufen, weil Sommerloch". Business-Jenny machte ordentlich Panik!
Ende März hatte ich dann mein Zoomgespräch mit Xenia, was zu ihren Leistungen dazugehört. Dieses Gespräch hat mir enorm weitergeholfen. Persönlichen Kontakt zur Lektorin (und sei es "nur" am Telefon/per Videogespräch) kann ich euch nur empfehlen. Habt keine Scheu – wenn es einen gewissen Grundkonsens gibt, erleichtert das gerade unangenehme Aspekte enorm. Das Gespräch zeigte mir, dass ich diese zwei Szenen noch zu überarbeiten hatte. Und, dass ich den Vertrag verlängern und erst nach meinem Urlaub abliefern würde. Pragmatiker-Jenny griff ein – und das hat hervorragend geklappt!
Ich würde jetzt gern schreiben, dass ihr in der nächsten Folge alles über die Coverdesignerin erfahren werdet. Leider muss ich euch aber noch etwas auf die Folter spannen – Schritt für Schritt voranzugehen, hat doch mehr Mehrwert. Dann sind zwei Schritte vor, ein Schritt zurück vielleicht kein Cha-Cha, aber ein Plädoyer dafür, dass man auch bei hohen Ansprüchen seine eigenen Grenzen respektieren sollte und dem*der Pragmatiker*in in sich zuhören sollte. In der nächsten Folge geht es voraussichtlich ums Stillektorat – ihr dürft gespannt sein, denn vielleicht lasse ich wieder Details zur Story einfließen.
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